Digitalisierung nimmt bei Ghisleni Partner AG einen hohen Stellenwert ein – kaum ein Prozess, der nicht zumindest digital unterstützt wird. Martin Brunschwiler, Partner bei Ghisleni Partner AG und Mitglied der Geschäftsleitung, spricht im Interview über die Herausforderungen der Digitalisierung in seinem beruflichen Alltag, über ihren Mehrwert und was er sich für die Schweizer Bauwirtschaft wünscht.
Interview: Michael Milz | 12.12.2025
Wie erlebt die Ghisleni Partner AG die Integration von BIM-Projekten?
Als BIM gekommen ist, waren alle sehr euphorisch, aber niemand wusste, was man eigentlich wollte – man hat einfach BIM gemacht! Dabei zeigte sich, wie wichtig es ist, dass von Anfang an allen Projektbeteiligten klar ist, was man will, was man braucht und was man liefern kann. Ich glaube, das definiert auch die Grenzen des Systems. Es geht nicht darum – und das ist positiv konnotiert –, wie viel BIM es sein darf, sondern wie viel es sein muss. Wenn man am Ende genau das hat, was man braucht, ist das für alle ein Mehrwert. Teil dieser Geschichte sind aber auch ein Wildwuchs oder negative Erfahrungen, die unter anderem dazu geführt haben, dass institutionelle Bauherren oder Besteller dem Ganzen skeptisch gegenüberstehen oder noch nicht so weit sind, ihre Bestellungen klar zu definieren. Einige Bauherren verfügen bereits über BIM-Anforderungen und -Leistungsbeschriebe, teils selbst erstellt, teils mit Unterstützung von externen Beratern. Häufig ist jedoch zum Zeitpunkt der Bestellung noch unklar, welche Daten und in welcher Form später in der Bewirtschaftung tatsächlich genutzt werden sollen. Diese grundlegende Frage muss zu Beginn geklärt werden, um unnötigen Aufwand und Frust im Projektteam am Ende zu vermeiden. Daher ist es für uns besonders wichtig, und zugleich unsere Aufgabe, herauszufinden, wo der konkrete Mehrwert für Besteller und das gesamte Projektteam liegt.
Welchen Stellenwert nimmt Digitalisierung in Ihrem Unternehmen ein?
Einen relativ hohen – und das schon seit längerer Zeit. Das hat auch damit zu tun, dass wir zwei Monate vor Corona alles in der Cloud hatten, die Mitarbeitenden mit Laptops oder mobilen Geräten ausgestattet waren und so praktisch von einem Tag auf den anderen ins Homeoffice zügeln konnten. Dass das mit Corona zusammenfiel, war ein Zufall, aber wir haben die Digitalisierung schon vorangetrieben. Konkret versuchen wir, so viel wie möglich digital zu machen – es gibt kaum einen Arbeitsschritt, der nicht digital unterstützt wird: von Protokollen über Gebäudeaufnahmen bis zum Ausmass für Devisierungen sind das alles digitale Prozesse. Mit unseren drei Standorten ist auch die Kommunikation oftmals digital. Das klappt sehr gut, ersetzt das Zwischenmenschliche aber nicht – der Mensch braucht auch Nähe.
Wie viele Mittel setzen Sie für die Digitalisierung ein?
Ich möchte hier keine konkreten Zahlen nennen, aber es ist ein Betrag, der effektiv ins Gewicht fällt, wenn man ihn etwa mit der Gewinnspanne von vor 10 Jahren vergleicht. Nur liegt die Wertschöpfung nicht mehr bei uns, sondern bei unseren Partnern, die uns ihre Programme anbieten. Wir haben bei uns zwei Personen, die ausschliesslich für BIM, Digitalisierung und KI verantwortlich sind. Natürlich haben diese auch eine direkte Wertschöpfung für uns. Ich glaube aber, dass mit der Digitalisierung unter dem Strich die Gewinnpartizipation von anderen zulasten von uns einhergeht.
Was ist für Sie der konkrete Mehrwert der Digitalisierung in Ihrer Arbeit?
Sicher die Effizienzsteigerung und Transparenz sowie die Sicherheit, dass die Daten verfügbar sind und eine gewisse Richtigkeit haben. Das heisst nicht, dass bei BIM per se alles richtig ist. Aber unter dem Gesichtspunkt, dass wir Leute haben, die BIM verstehen und beherrschen, können wir das selbst effizient prüfen und mitgestalten. Der Mehrwert ist, dass wir dank dieser Effizienzsteigerung mithalten können und auf dem Markt konkurrenzfähig bleiben – einfach auch, weil es gefordert ist. Bei bestimmten Projekten ist es eine Voraussetzung, sich in diesem Umfeld sicher bewegen zu können.

Können Sie ein Beispiel für einen Mehrwert durch Digitalisierung nennen?
Es gibt viele kleine Beispiele – etwa die Krankamera, die wir häufig einsetzen, wenn wir dafür vom Bauherrn grünes Licht bekommen. Die Krankamera erstellt systematisch georeferenzierte Orthofotos und detaillierte 3D-Modelle. Man sieht, wie das Gebäude wächst. Über die zugehörige Software kann ich beispielsweise das Aushubmodell mit den erfassten Aufnahmen referenzieren, 2D-Pläne überlagern und Soll-Ist-Vergleiche durchführen – zentimetergenau. Auch wenn das nur indirekt mit BIM zu tun hat, zeigt es, wie stark die Digitalisierung unterstützt.
Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um Mehrwerte durch Digitalisierung bestmöglich zu realisieren?
Alle im Unternehmen müssen mitmachen wollen – diese Akzeptanz müssen wir in der Geschäftsleitung vorleben. Die einen Mitarbeitenden tragen das mit mehr Begeisterung mit, andere mit weniger. Aber ich glaube, wenn man das vorlebt und auch die Chancen aufzeigt – etwa über verantwortliche Mitarbeitende, die uns manchmal tatsächlich damit verblüffen, was möglich ist –, dann macht es auch Spass und man kann die Leute mitnehmen und begeistern. Es braucht diese Begeisterung, aber auch eine gewisse Dosierung, um die Leute Schritt für Schritt auf diese Reise mitzunehmen.
«Digitalisierung und BIM müssen dem Bauen dienen und nicht umgekehrt.»
Welchen Beitrag liefern die CRB-Instrumente? Und was wünschen Sie sich in dieser Hinsicht von CRB?
Als BKP-Fan bin ich schon fast ein Dinosaurier. Der eBKP-H und der eBKP-T sind zwar wichtige Instrumente im Zusammenhang mit BIM, aber ich sehe auch, dass sie noch nicht ganz alles abbilden, was für BIM interessant wäre: Die Einheitlichkeit oder die Vielfältigkeit im Bauen, auch die Tiefe einer NPK-Position kann ich im eBKP-H noch nicht abschliessend abbilden. Ich will nicht sagen, dass es das in der gleichen Tiefe braucht. Innerhalb des Gesamtbauprozesses bin ich noch davon überzeugt, dass sich der eBKP-H nicht eignet, um nachher Baubuchhaltungen und Verträge zu machen. Ich wünsche mir deshalb eine noch grössere Durchgängigkeit bei der Umschlüsselung des eBKP-H und mehr Einheitlichkeit beim modellbasierten Arbeiten. Diese Einheitlichkeit schränkt zwar ein, vereinfacht aber vieles auch.
Mit welchen Herausforderungen und Hürden der Digitalisierung sind Sie in Ihren Tätigkeiten konfrontiert, und wie begegnen Sie ihnen?
Das eine ist die Geschwindigkeit des Wandels, das andere der Software-Wildwuchs – wir sind auf vier, fünf verschiedenen Plattformen unterwegs. Jeder Bauherr hat seine bevorzugte Plattform für Datenablagen, für Mängelmanagement und so weiter. Das braucht nicht nur finanzielle Ressourcen, die Leute müssen sich auch mit den unterschiedlichsten Lösungen arrangieren. Die heutige Generation hat zwar weniger Mühe, aus jeder Software-Lösung das Beste herauszunehmen und zu kombinieren. Für den ganzen Prozess wäre aber manchmal weniger mehr. Gibt es hingegen nur eine Lösung, läuft sie Gefahr, sich nicht weiterzuentwickeln. Diesen Herausforderungen begegnen wir, indem wir versuchen, einen guten Standard für uns festzulegen und – wo immer wir Einflussmöglichkeiten haben – diesen auch durchzusetzen, um mit den Instrumenten, die sich bei uns bewährt haben, arbeiten zu können. Und schliesslich nehmen wir an, was der Markt hergibt und bleiben so geistig flexibel. Viele andere Möglichkeiten gibt es gar nicht!

Welche digitalen Technologien haben aktuell den grössten Einfluss auf die Arbeitsprozesse in der Branche?
Wenn ich das in eine Reihenfolge setze, dann ist das einmal BIM als solches – auch wenn BIM in erster Linie eine Methode ist und nicht nur eine Technologie. Einen grossen Einfluss auf das tägliche Geschäft haben Projekt- und Kollaborationsplattformen, die als zentrale Drehscheiben für Planung, Ausführung bis hin zur Bewirtschaftung dienen. Drohnenaufnahmen und Laserscanning helfen uns und sind tatsächlich etwas, das im Moment viel Einfluss hat. KI-gestützte Anwendungen sind ein Kapitel, das gerade erst beginnt, aber bereits grosses Potenzial erkennen lässt – möglicherweise auch als Hilfe, um den digitalen Wildwuchs zu bändigen oder die Spanne zwischen digitalaffinen Spezialisten und praxisorientierten Fachleuten zu verringern. Bei Augmented Reality, Mixed Reality und Virtual Reality ist zwar viel in Bewegung, der Durchbruch im alltäglichen Arbeitsprozess steht jedoch noch aus. Ich bin aber überzeugt, dass diese Technologien früher oder später auch dort Einzug halten werden – vielleicht auch in Kombination mit KI, wie es aktuell beispielsweise bei den Meta-AI-Brillen zu beobachten ist.
Was wünschen Sie sich für die Schweizer Bauwirtschaft in der nächsten Zukunft?
Dass es viele gute BIM-Projekte und für diese auch gute BIM-Bestellungen gibt – und dass man auf Bestellerseite weiss, was man braucht. Ich wünsche mir aber auch die Gesprächsbereitschaft, um mit den Planern zu kooperieren. Es ist mir bewusst, dass es im öffentlichen Submissionswesen schwierig ist, in einem Kollaborationsverfahren zu sagen, was wir für BIM brauchen, was wir liefern können und was am Schluss für das Projekt am besten ist. Das heisst aber, an diesen Stellen müssen die Besteller so weit sein, dass sie das für sich selbst definieren können. Schliesslich müssen Digitalisierung und BIM dem Bauen dienen und nicht umgekehrt. Wir brauchen am Schluss ein Haus, ein Gebäude, eine Strasse und keinen digitalen Zwilling, der nur virtuell existiert und in der Realität gar nicht vorhanden ist. Ein Datengrab, das auch in der Bewirtschaftung keine Anwendung findet, nützt niemandem etwas.
Martin Brunschwiler hat ursprünglich eine Lehre als Hochbauzeichner absolviert und Zimmermann gelernt, bevor er die Technikerschule sowie ein Architekturstudium machte. Er arbeitet seit 2007 beim Bau- und Planungsunternehmen Ghisleni in Rapperswil, wo er für Bauökonomie und Submissionen zuständig ist. Seit 2015 ist er Partner und Mitglied in der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat. Brunschwiler bezeichnet sich als Familienmensch und engagiert sich in seiner Freizeit in der Hockeyschule der Rapperswil-Jona Lakers.