Das Projektpflichtenheft regelt Projektdefinition, Projektorganisation, Kosten und Termine von Bauvorhaben und ist ein wichtiges Instrument für die Verständigung zwischen Bauherrschaft und Architekten. CRB bietet im Herbst einen zweitätigen Kurs an, in dem Kursleiter Markus Friedli die Anwendung dieses Tools vermittelt.
Michael Milz | 22.09.2025
Mit dem Projektpflichtenheft steht Bauherrschaft, Architekt und Projektleitung ein zentrales Planungsinstrument zur Verfügung, um die detaillierten Anforderungen und Ziele eines Bauprojekts zu beschreiben. «Es regelt Projektorganisation, Rahmenbedingungen, Standards und Finanzkompetenzen und damit die integralen Bestandteile des Auftrags von der Bauherrschaft an die Beauftragten und bildet somit die Grundlage für eine geregelte Zusammenarbeit am Projekt», fasst es Markus Friedli zusammen. Friedli ist Architekt ETH BSA SIA und Projektleiter Bauherr und führt Ende Oktober den CRB-Kurs «Projektpflichtenheft und -handbuch» durch.
Geht es um Anwendung und Bedeutung des Projektpflichtenhefts, zieht Markus Friedli gerne einen Vergleich aus der Luftfahrt heran: Pilot und Co-Pilot bereiten anhand von Checklisten Start und Landung vor und führen allfällige Manöver in der Luft durch. Nichts anderes sei das Projektpflichtenheft bei Bauprojekten, so Friedli. «Es ist ein Hilfsinstrument, das offene Fragen klärt und Regeln bestimmt, damit der Bauherr das bekommt, was er bestellt hat.» Das sei allein deshalb schon relevant, weil in der Schweiz rund ein Fünftel aller Hochbauvorhaben mit einer Termin- und/oder Kostenüberschreitung abschliessen.
«Das Projektpflichtenheft klärt offene
Fragen und bestimmt Regeln.»
Erstellt wird dieses Hilfsmittel in der Regel in Teilphase 31 («Vorprojekt») der Projektierungsphase nach dem Modell Bauplanung SIA 112. «Bevor ein Projekt in die Ausschreibung und Realisierung übergeht, wird anhand des Projektpflichtenhefts überprüft, ob alle Projektparameter stimmen», erklärt Markus Friedli. Müssten dann noch Anpassungen, Ergänzungen oder verfeinerte Regelungen gemacht werden, gehört dies indes zu den Pflichten der beauftragten Architekten. «Leider gibt es weder ein SIA-Merkblatt dazu noch entsprechende Dokumentationen. Diese Lücke schliesst CRB mit entsprechenden Weiterbildungen.»
Das Projektpflichtenheft kann sowohl physisch wie auch elektronisch vorhanden sein. «In der Praxis erstelle ich in der Regel drei ausgedruckte Exemplare», so Friedli, «eines für den Bauherrn, eines für den beauftragten Architekten und das dritte für die Projektleitung Bauherrschaft.»
Neben dem Projektpflichtenheft taucht oft ein zweiter Begriff auf: das Projekthandbuch. «Das Projektpflichtenheft umfasst im Wesentlichen die Projektdefinition», sagt Friedli. «Wenn man so will, ist es das Wer, Was und Wann.» Das Projekthandbuch hingegen enthält alle Spezifizierungen für ein bestimmtes Projekt. «In der Praxis empfehle ich, die beiden Dokumente zu vereinen – das ist einfacher und kompakter.» Zudem könnten so auch Widersprüche und Redundanzen vermieden werden. Das bedingt einen klaren und strukturierten Aufbau und einen überschaubaren Umfang – idealerweise umfasse es so wenig wie möglich und so viel wie nötig. «Es muss einfach, verständlich und praktikabel sein, nur dann wird es auch benutzt.»
«Das Projektpflichtenheft muss einfach,
verständlich und praktikabel sein, nur
dann wird es auch benutzt.»
Der Umfang eines Projektpflichtenhefts richtet sich nach der Grösse des Projekts: Je grösser und komplexer ein Bauvorhaben ist, umso mehr muss geregelt werden – und umso umfangreicher ist das Projektpflichtenheft, wobei auch bei grossen Bauvorhaben keine dicken Wälzer nötig sind. «Mit einem 50 Seiten umfassenden Projektpflichtenheft können Hochbauvorhaben in der Grössenordnung von bis zu 100 Millionen Franken abgewickelt werden», so Markus Friedli. Gerade für Projekte wie Einfamilienhäuser oder kleinere Mehrfamilienhäuser reichen in der Regel einige A4-Seiten, auf denen die wichtigsten Punkte wie Projektdefinition, Projektorganisation, Kompetenzregelung sowie Kosten und Termine festgelegt sind, wobei der Aufbau des Projektpflichtenhefts unabhängig von der Projektgrösse im Grunde immer derselbe ist.
Doch das Projektpflichtenheft ist mehr als «nur» ein praktisches Hilfsmittel. Es ist auch Gegenstand des Vertragswerks und in verschiedenen Situationen sogar zwingend. «Alle professionellen Bauherren und Auftraggeber, insbesondere die öffentliche Hand – neben den allermeisten Kantonen auch die grossen Städte wie Zürich, Basel, Bern, Lausanne und Genf –, fordern von ihren Auftragnehmern für Hoch- und Tiefbauprojekte zwingend ein Projektpflichtenheft ein.»
Gerade bei grossen Bauprojekten ist zudem das projektbezogene Qualitätsmanagement (PQM) relevant, bei dem sich alle Beteiligten darüber verständigen, ob das ausgeführte Bauwerk letztlich den vereinbarten Projektdefinitionen entspricht. Das Baumanagement gliedert sich in drei Teile: Der erste Teil ist auftraggeberseitig orientiert und beinhaltet das Projektpflichtenheft. Auf der Auftragnehmerseite mit dem ausführenden Architekten oder dem Baumanager gibt es das Bürohandbuch, das die bürointernen Richtlinien und Standards regelt, wie der Auftrag abgewickelt werden soll. «Die Schnittmenge zwischen dem Projektpflichtenheft und dem Bürohandbuch ist das projektbezogene Qualitätsmanagement (PQM)», fasst Markus Friedli zusammen. Das PQM hält fest, nach welchen Regeln und Qualitätsgrundsätzen ein Bauvorhaben abgewickelt wird und mit welchen Kontrollmechanismen diese sichergestellt werden. Die drei Kriterien, nach denen sich das PQM richtet, sind Kosten, Qualität und Termin. Kontrolliert und durchgesetzt wird es vom Projektleiter der Bauherrschaft.
In der CRB-Weiterbildung «Projektpflichtenheft und -handbuch» zeigt Kursleiter Markus Friedli unter anderem auf, weshalb die beiden Instrumente für die Arbeit von Architektinnen und Projektleitern so wichtig sind.
Der zweitägige Kurs vermittelt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern über konkrete Beispiele das Wissen und die Mittel für eine erfolgreiche Projekt- und Bauabwicklung. Mit Beispielen, Vorlagen und Anwendungshilfen werden die inhaltlichen Kenntnisse und die Instrumente für den praktischen Alltag zur konkreten Abwicklung von Planungsarbeiten und Realisierung von Bauaufgaben weitergegeben.