Die CRB-Arbeitsmittel geben keinen fixen Prozess vor

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2019 haben wir im Rahmen des 60-Jahr-Jubiläums von CRB in verschiedenen Gesprächen in die Vergangenheit geblickt. In diesem Jahr soll aufgezeigt werden, wofür CRB heute steht. Michel Bohren, Vorsitzender der Geschäftsleitung von CRB, gibt Auskunft über die aktuelle Rolle sowie über die Aufgaben und Entwicklungen. 

Interview: Gaby Jefferies

Wofür steht CRB heute?
Wir vereinfachen die Verständigung im Bauwesen und fördern damit Vertrauen und Integrität – diese Mission hatte bereits vor 60 Jahren Gültigkeit, und sie hat nichts an Aktualität verlren. Effizienz in der Zusammenarbeit, Rationalisierung und Erhöhung der Produktivität – dafür stand CRB von Anfang an, und dafür stehen wir noch heute.

Was ist der Stellenwert der Marktleistung von CRB in der Bauwirtschaft?
CRB ist es gemeinsam mit seinen Partnern gelungen, Baufachwissen strukturiert und in drei Sprachen so aufzubereiten, dass Bauteile und Leistungen kosten- und rechtssicher beschrieben werden können. Damit ist die Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft in einer sehr komfortablen Situation, um die wir im Ausland beneidet werden. Bei professioneller Anwendung der CRB-Werkzeuge erhalten Auftraggeber, was sie bestellt haben unter Einhaltung von Kosten und Terminen. 

Wie beeinflusst die Digitalisierung diese Aufgabe?
Basis einer «digitalen Transformation» sind Prozesse, die über Systemgrenzen und Organisationen hinweg voll integriert und durch IT-Unterstützung weitgehend automatisiert werden. Neben der Technologie sind dafür Standards und Klassifizierungen von grosser Bedeutung. Sie erlauben es, auf das nun digital angebotene Baufachwissen flexibel zuzugreifen. Die eigentliche «digitale Transformation» sind die darauf aufbauenden neuen Marktangebote und Geschäftsmodelle, welche ganz neue Interaktionen innerhalb bestehender Wertschöpfungsketten schaffen. Leider besteht dabei der Anspruch, dass Daten und Informationen «free of charge» genutzt werden dürfen. 

Was heisst das für CRB?
Wir müssen uns darauf einstellen, dass unsere Arbeit zwar geschätzt, aber als selbstverständlich angesehen wird. Lizenzmodelle für Klassifizierungen, Standards und «generisches» Baufachwissen werden künftig einen schweren Stand haben. CRB muss sich auf Plattformen und Services fokussieren, welche konkreten Nutzen stiften. Der Nutzen wird ähnlich bleiben: Rechtssicherheit, Transparenz und Qualität. 

Inwieweit braucht es noch nationale Standards? Und wo steht CRB im internationalen Kontext?
Ein wichtiger Treiber in der Digitalisierung sind sogenannte «Skaleneffekte». Teure manuelle Prozessschritte mit hohen operativen Kosten werden über einmalige grosse Investitionen in Technologien und Plattformen automatisiert. Die Kosten pro manuellem Prozessschritt werden reduziert und die Leistungen können faktisch «gratis» angeboten werden. Eine Skalierung in diesem Extrem ist national kaum möglich, was gegen nationale Standards spricht und diese sogar ausschliessen müsste.

Ein spezifisches lokales Verständnis von «Baukultur», die damit verbundene hohe nationale und lokale Regulierung in der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie der hohe Anteil manueller Arbeiten am Erstellungsort widersprechen diesem Konzept der Skalierung diametral. CRB geht darum den Weg, wo immer möglich auf internationale Standards zu setzen, lokale Ansätze zu harmonisieren und die spezifischen lokalen Hilfsmittel immer auch global anzubieten. Dafür vernetzen wir uns international und leisten einen aktiven Beitrag in internationalen Organisationen wie ICIS, ISO, CEN oder buildingSMART International. So können wir dafür sorgen, dass Schweizer Eigenheiten in internationale Standards einfliessen und werden von internationalen Entwicklungen nicht überrascht.

Welche Rolle spielt für CRB die Zusammenarbeit mit Fachleuten und Software-Anbietern?
CRB lebt seit 1959 ein modernes Geschäftsmodell. Informationen werden über Partnerschaften mit externen Experten gesammelt, aufbereitet und veredelt und dann – wieder über Partner – in neuer Form angeboten. Es geht darum, dass wir den Austausch und die Teilhabe, die wir heute schon mit unseren Partnern und Kunden pflegen, weiter intensivieren, indem wir uns verstärkt die heute verfügbaren Kommunikationsmittel, -kanäle und -plattformen zunutze machen. CRB geht mit dem Trend der «kollaborativen Entwicklung». Diese Intensivierung wird es auch erfordern, dass unsere Mitarbeitenden stärker als heute direkt ansprechbar sein müssen, um auf allfällige Fehler oder Veränderungen hingewiesen zu werden. Wir erhoffen uns dadurch direktere, unkompliziertere und deshalb effizientere Prozesse, die schneller zu Ergebnissen führen, als es heute der Fall ist. 

Aktuell hat sich CRB im Swissbau Innovation Lab beteiligt. Welches Fazit ziehen Sie?
CRB hat in enger Zusammenarbeit mit Partnern die neusten Erkenntnisse in einem durchgehenden, digital unterstützten Prozess umgesetzt. Hier ist noch sehr viel Potenzial, es braucht einen Kulturwandel in der Industrie. Wir müssen uns gedanklich – aber auch emotional – von starren Projektphasen, Rollenmodellen, Gewerken und Zusammenarbeitsmodellen lösen. Weiter wird die Branche sich mit den Vorteilen von Daten- und Informationsmanagement befassen müssen. Auch dies bedingt ein Umdenken: jeder muss sich damit auseinandersetzen, welche Informationen er für seinen Schritt braucht und welche Informationen er für den nächsten Prozessschritt bereitstellen muss. Auch hier werden wir in naher Zukunft Lösungen bereitstellen. 

Alle reden davon, dass sich das Planen, Realisieren und Bewirtschaften verändern. Was bedeutet diese Veränderung für die CRB-Standards?
Wir unterscheiden hier zwischen den Inhalten der klassischen Standards, welche das gesammelte Baufachwissen repräsentieren, und der Form, wie diese Inhalte den Anspruchsgruppen bereitgestellt werden. Betreffend Inhalte habe ich bereits erwähnt, dass insbesondere die internationale Harmonisierung Veränderungen bringen wird. 

Auch in Bezug auf die Form wird es grosse Veränderungen geben. Die Inhalte müssen neu durch Maschinen interpretiert werden können, und Daten werden über unterschiedlichste Autorensysteme in gemeinsamen «Informationssystemen» verarbeitet und genutzt. Was der Anwender betrachtet, wird dem Gewohnten recht ähnlich sein, die Datenhaltung und Verarbeitung im Hintergrund sind aber bereits dabei, sich stark zu verändern. 

Was heisst das für den NPK?
Die klassischen Arbeitsmittel werden weiter überarbeitet und den aktuellen Bedürfnissen angepasst. Es gibt kein «Entweder-oder» – für CRB ist es ein «Sowohl-als-auch».

Bei allen Schritten, die wir zurzeit machen, haben wir immer im Fokus, dass unsere Arbeitsmittel keinen fixen Prozess vorgeben. Wer klassisch arbeiten möchte, kann das tun, wer im BIM-Modell arbeitet, wird durch CRB ebenfalls unterstützt. Wir können die Kristallkugel auch nicht befragen, aber wir können mögliche Veränderungen in der Produktentwicklung frühzeitig antizipieren. Genau dafür sind unsere Spezialisten täglich in intensivem Austausch mit dem Markt!

Und was bedeutet die Veränderung für den Anwender?
Nun, auch der Anwender muss sich Gedanken über mögliche Veränderungen in seiner Disziplin oder Rolle machen und versuchen, diese zu antizipieren. Auch hier wird es darum gehen, sich Optionen offen zu halten und über die Auseinandersetzung mit der Marktentwicklung – auch im Ausland – eigene Chancen zu orten. Eine sehr offene Haltung gegenüber Ideen, Trends und konkreten Entwicklungen wird hier der Schlüssel sein. Wir wünschen uns den intensiven Austausch mit den Anwendern, denn wir brauchen diese Impulse aus dem Markt. 

Im Gegenzug wird es dem Anwender helfen, sich mit unseren neuen Angeboten auseinanderzusetzen. Je nach Veränderung in seiner Disziplin oder Rolle wird er früher oder später wieder Unterstützung durch (neue) CRB-Arbeitsmittel bekommen. Er sollte diese darum kennen und verstehen, wie und wo sie hilfreich sind. Womöglich erhält er sogar Impulse für seine Veränderung, wenn er die Stossrichtung von CRB besser versteht.

Das Einsatzspektrum von CRB-Hilfsmitteln und damit der potenzielle Kreis der Anwender werden sich verändern. Neue Anwender, neue Rollen werden in ihren – digitalen – Arbeitsprozessen von CRB Unterstützung erhalten. Wir gehen mittlerweile davon aus, dass sich bereits innerhalb der nächsten 18 Monate solche Verschiebungen zeigen werden.