NPK Gebäudeautomation

In der Gebäudeautomation werden Ausschreibungen oft nur mit Mengengerüsten von Geräten und sogenannten Datenpunkten erstellt. Dabei kommen die Anforderungen, was die Anlage funktional erfüllen soll, zu kurz. Durch die zunehmende Digitalisierung in der Bauwirtschaft und die Notwendigkeit, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu betrachten, werden funktionale Beschreibungen immer wichtiger. Institutionelle Bauherren, Gebäudebetreiber und Facility Manager sind angehalten, diese Anforderungen und Wünsche digital zu dokumentieren.

Vor rund zwei Jahren wurde der Normpositionen-Katalog für die Gebäudeautomation zusammen mit namhaften Bauherren, Fachverbänden, Herstellern und Fachplanern entwickelt. Ziel war dabei, eine einheitliche Gliederung und standardisierte Leistungsbeschreibungen für den Planungsprozess bereitzustellen. Die daraus entstandenen vier NPK-Kapitel 781 bis 784 eignen sich zur Erstellung von Ausschreibungen für Zweckgebäude mit einem Managementsystem, inklusive der Anlagen- und Raumautomation für Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung und Beschattung. Der funktionale Ansatz des NPK GA erlaubt eine offene, herstellerunabhängige Herangehensweise und ermöglicht es, ein professionelles Lastenheft zu erstellen.

NPK Elektro und Telekommunikation

Im Unterschied zu den vier Kapiteln des NPK Gebäudeautomation (781 bis 784) für grosse Anlagen werden die drei NPK-Kapitel 561 «GA: KNX», 563 «GA: Proprietäre Systeme» und 565 «GA: SPS» für die Beschreibung kleinerer und mittlerer Objekte im Zweckund Wohnungsbau eingesetzt. Für die in diesen drei Kapiteln aufgeführten Leistungspositionen hat EIT.swiss Kalkulationsgrundlagen hinterlegt.

Anforderungen, Datenpunkte und Mengengerüste

Als Grundlage für Ausschreibungen und Angebote dienen in der Gebäudeautomation bis heute Prinzipschemata, Beschreibungen, Mengengerüste von Apparaten sowie die Anzahl Datenpunkte. Für einen kommunikationstechnischen Laien sagt ein Datenpunkt wenig aus. Er repräsentiert z. B. einen Sensorwert oder das Resultat einer Berechnung innerhalb des Steuergeräts. Bei der Kalkulation stellt sich jedoch oft die Frage, was alles in einen Datenpunkt einzuberechnen ist. Ob die Hardware oder das Anzeigen des Werts auf dem Managementsystem dazugehört, variiert je nach Fachplaner oder Unternehmer. Zudem bestehen unterschiedliche Arten von Datenpunkten: Es gibt physische, virtuelle und kommunikative Datenpunkte. Fest steht, dass es mit Datenpunkten und Mengengerüsten allein kaum möglich ist, die gewünschte Anlage zu beschreiben. Daher ist diese Grundlage für einen rechtlich haltbaren  Ausschreibungsprozess nicht geeignet. Es empfiehlt sich für den Auftraggeber, ein Lastenheft mit standardisierten Funktionsbeschreibungen für eine Anlage einzufordern.

Warum ist der NPK GA für Ausschreibungen und Angebote wichtig?

Wie bei jedem NPK-Kapitel handelt es sich beim NPK Gebäudeautomation um eine Sammlung vordefinierter Textelemente – mit dem Unterschied, dass weniger handfeste Materialien, sondern Geräte und Einrichtungen sowie vor allem Funktionen beschrieben werden.

Eine Funktion ist eine lösungsneutrale Formulierung, welche gezählt sowie mit einem Preis versehen werden kann und auch von Laien verstanden wird. Eine Funktion umfasst die jeweils anteilsmässige Projektierung, Programmierung, Inbetriebsetzung und Dokumentation der Anlage. Von einer beschriebenen Funktion leitet sich die Realisierung ab, diese impliziert unternehmerische Freiheit, Innovationsmöglichkeit und Flexibilität. Denn eine Funktion – z. B. einen Raum bei einer Regelgenauigkeit von 0,5 K auf konstant 21 °C zu halten – wird auch in 50 Jahren noch die gleiche sein, während die technische Umsetzung dieser Funktion dann sicher anders ist.

Mit Blick in die Zukunft, in der – durch eine immer stärkere Vernetzung wie Internet der Dinge (IoT) – Services vermehrt im Fokus stehen, sind funktionale Beschreibungen ein Muss. Der technologische Wandel und die rasante Digitalisierung könnten branchenweit in einem Katalog mit technischen Details nur schwer aktuell gehalten werden. Hinzu kommt, dass sich Funktionen in ein BIM-Modell integrieren lassen und künftig auch Ausschreibungen aus einem BIM-Modell erzeugt werden können.

Spinnt man diesen Faden weiter, liesse sich anhand dieser funktionalen Informationen auch die Programmierung der Geräte erstellen. Darum wird die einheitliche Anwendung von Funktionen eine wichtige Voraussetzung sein, damit solche Szenarien künftig möglich sind. Der NPK GA ist deshalb ein wichtiges Basiselement, um die Gebäudeautomation langfristig transparent und handhabbar zu machen.

Wenn es um die Erweiterung einer bestehenden Anlage geht, kommt der Fachplaner mit der Beschreibung von Funktionen allein nicht weiter. In diesem Fall müssen spezifische Hardwareanforderungen beschrieben werden. Dies ist mit dem NPK GA ebenfalls möglich. Auch hier soll nicht eine Detailgrösse wie ein Datenpunkt im Vordergrund stehen, sondern das Ziel der Anwendung – wichtig ist das Was, weniger das Wie.

Aufbau des NPK GA

Der NPK GA liefert Textbausteine (Positionen) für die Beschreibung aller spezifischen Funktionen und Geräteeigenschaften. Diese wurden von Vertretern der gesamten GABranche erstellt, von Planern, Integratoren und Unternehmern. Diese Positionen sind kategorisiert abgelegt, und zwar in den Kapiteln:

  • NPK 781 «Allgemeine Arbeiten»
  • NPK 782 «Managementsystem»
  • NPK 783 «Anlagenautomation»
  • NPK 784 «Raumautomation»

Die drei Hauptkapitel 782 bis 784 weisen eine identische Grobstruktur auf: Funktionen befinden sich in den Abschnitten 200 und 300, Hardwareeigenschaften in den Abschnitten 400 bis 600.

Vorlagen, Module und Analogien

Für die Beschreibung eines Objekts, eines Raums oder einer Anlage müssen die NPK-Positionen in den Kontext der Anlage gebracht werden. Wie diese Strukturierung erfolgt, gibt der NPK GA nicht vor, denn sie ist objektabhängig. Es ist aber von zentraler Bedeutung, für ein Objekt eine passende Objektstruktur anzulegen – dies ist eine für den Fachplaner wichtige Aufgabe. Die Objektstruktur gliedert sich z. B. nach Gebäuden, Etagen und Räumen, wobei die NPK-Positionen jeweils pro Raum aufgeführt werden. Über sogenannte Analogien können Verknüpfungen zu bestehenden Gliederungsbereichen gemacht werden.

Beispielsweise kann ein Raumtyp erstellt und über die Analogiefunktion mehrfach wiederverwendet werden. Wiederholen sich einzelne Funktionen, z. B. das Erfassen von Anwesenheit, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Kohlendioxid, lassen sich diese in einem Modul zusammenfassen. Diese Vorlagen können im Projekt mehrfach wiederverwendet werden. Der Preis ist dabei nur einmal einzugeben und kumuliert sich automatisch.

Ausschreiben und Anbieten

Eine Ausschreibung zu erstellen, ist nicht so kompliziert, wie es auf den ersten Blick aussieht. Die vorhandenen Positionen müssen lediglich innerhalb der Struktur platziert werden. Jede Position kann zudem mit Attributen ergänzt und so – falls notwendig – verfeinert werden. Die Erfahrung zeigt, dass Attribute nicht möglichst viel, sondern gezielt angewendet werden sollten.

Für den Unternehmer ist es hilfreich, wenn zur erstellten Ausschreibung auch Grundrissplan und Anlagenschema zur Verfügung gestellt werden. Ein Angebot könnte auch ohne diese Informationen gerechnet werden, jedoch muss dann die Struktur so gut ausgeprägt sein, dass die beschriebene Anlage klar und eindeutig ist. Der Unternehmer wird beim Offerieren die einzelnen Positionen mit einem Preis versehen. Gibt es für jede Normposition bereits hinterlegte Preise, erfolgt die Berechnung des Angebots vollautomatisch. Gegebenenfalls sind aufgrund spezifischer Umstände bei den allgemeinen Arbeiten entsprechende Optimierungen vorzunehmen.

Bei der Erstellung des NPK GA hat die Branche bewusst auf vorgegebene Zeiteinheiten pro Normposition verzichtet. Vor allem auch darum, weil der NPK GA von Grund auf neu erstellt wurde und deshalb in den nächsten Jahren weitere Positionen folgen und Optimierungen sowie Anpassungen zu erwarten sind. Der Datenaustausch über die Schnittstelle SIA 451 ermöglicht es, Ausschreibungen und Angebote zwischen Bauherr, Fachplaner und Unternehmer auszutauschen.

In den Software- Anwendungen können Preise kalkuliert und eingesetzt werden. Auftraggeber ziehen in ihrer Software die Angebote aller Anbieter zusammen und führen einen Offertvergleich durch. Dieser Prozess hat sich in der Baubranche bewährt – mit dem NPK GA ist er nun auch für die Gebäudeleittechnik und Gebäudeautomation möglich.

Autor: Rony Müller, Adiutec AG