27.06.2020
Enthusiastische Anwender der BIM-Methode stellen oft ernüchtert fest, dass versprochene Vorteile der Methode nicht eintreffen, weil aufgrund nicht standardisierter Daten und Informationen die Zusammenarbeit stark behindert wird. Sehr viele Aufgaben im Lebenszyklus eines Bauwerks (Planungs-, Erstellungs- und Betriebsphase) könnten effizienter und einfacher gelöst werden, ständen den verschiedenen Rollen die richtigen Daten und Informationen im digitalen Bauwerksmodell zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung. Eine Einigung über die Informationsanforderungen und die erwarteten Lieferergebnisse auf der Basis von klaren Standards ist für eine zielgerichtete und optimierte Projektabwicklung unabdingbar.
Die Anwender sollen zukünftig in der Lage sein, ihre Anforderungen an die Informationen aus einem digitalen Bauwerksmodell einfach und mit wenigen Klicks selbst festzulegen:
Genau hier setzt das von CRB zusammen mit der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW (Institut Digitales Bauen) initiierte Entwicklungsprojekt mit dem Arbeitstitel «BIM-Profil-Server» an. Von Beginn an war klar, dass die Ziele dieses Projekts mit dem Sinn und Zweck von CRB übereinstimmen: Es geht darum, die Verständigung im Bauwesen voranzutreiben und durch erhöhte Transparenz, Rechts- und Kostensicherheit die Zusammenarbeit zwischen allen Baubeteiligten zu verbessern. Da sich zwischen dem Besteller und dem Lieferanten von Informationen in digitalen Bauwerksmodellen bis heute keine gemeinsame Sprache etabliert hat, ist die Verständigung schwierig, und es liegen Entwicklungspotenziale brach.
Der «BIM-Profil-Server» – eine Plattform, auf die der Anwender mit einem Internet-Browser von überall her und mit allen gängigen Endgeräten zugreifen kann – bietet die Lösung für dieses Problem. Die Bedienung ist einfach, es sind keine speziellen BIM-Daten-Kenntnisse erforderlich.
Nach der Anmeldung auf der Plattform kann der Anwender die in seinen Projekten wichtigen Anwendungsfälle oder Geschäftsprozesse festlegen. Welche Informationen hierfür notwendig sind, ist abhängig davon, welchen Hut man trägt oder durch welche Brille man auf das Projekt schaut: Bauherr, Auftraggeber, Planer, Unternehmer oder Betreiber. Zur einfacheren Handhabung findet der Anwender in den Vorlagen bereits vorbereitete Geschäftsprozesse: beispielsweise für die Kostenplanung, die Ausschreibung, die Energiesimulation, die CO2-Berechnung usw. Mithilfe von Filtern, Sortierung und Klassifizierung (z.B. welches Fach- oder Teilmodell, welche Arbeitsgattung, welches Bauteil, welche Phase) unterstützt der «BIM-Profil-Server» den Anwender bei der Definition seiner Informationsanforderungen.
Im nächsten Schritt kann der Anwender – falls nötig – die Geschäftsprozesse für sein Projekt anpassen, indem er neue Aktivitäten definiert oder andere Rollen festlegt. Die gleiche Rolle kann je nach Anwendungsfall bei einer Aktivität Informationsbesteller und bei einer anderen Aktivität Informationslieferant sein. Dadurch, dass man selbst Besteller oder Lieferant von Informationen sein kann, sieht man, wie wichtig es ist, als Besteller seine Anforderungen oder Erwartungen an die Informationen klar zu formulieren. Ebenso wichtig ist es, als Lieferant die Bedürfnisse des Bestellers – des Kunden – zu verstehen. Der «BIM Profil Server» zeigt dies in einfacher Form grafisch für jede Aktivität an.
Weitere Anpassungen können bei den Aktivitäten gemacht werden. Hier legt der Anwender für alle Aktivitäten, die er benötigt, fest, welche Informationen (Eigenschaften) im digitalen Bauwerksmodell für ein bestimmtes Bauteil vorhanden sein müssen. Bei der Ausschreibung von Ortbetonarbeiten ist es beispielsweise zwingend notwendig, dass die Eigenschaft «Betonsorte» auf Bauteilen wie Wänden oder Decken verfügbar ist. Da diese Eigenschaft im NPK 241 Ortbetonbau beschrieben ist, wird von CRB automatisch die entsprechende Werteliste der Eigenschaft (NPK A, NPK B, NPK C, NPK A RC-M usw.) mitgeliefert.
Die auf diese Weise von den Anwendern zusammengestellten Informationsanforderungen werden als «Profile» bezeichnet. Sie lassen sich nun z.B. in Form einer mvdXML*-Datei ausgeben, die wiederum in die gängigen CAD-Systeme eingelesen werden kann. Somit stehen dem BIM-Modellierer die eingegebenen Informationsanforderungen auf eine standardisierte Art und Weise zur Verfügung, und er kann die entsprechenden Informationen an der richtigen Stelle im digitalen Bauwerksmodell ergänzen.
Weiter lassen sich die «Profile» im PDF-Format ablegen, um sie beispielsweise als vertragliche Bestandteile – insbesondere mit Blick auf die Ergebnisse der Informationslieferer – zu verwenden. Bauherren und Auftraggeber können so in Zukunft auf die riesigen, umständlichen und nicht standardisierten Excel-Tabellen verzichten, die sie bisher für die Beschreibung ihrer Informationsanforderungen (Datenfeldkataloge) verwendet haben. Bei dieser Arbeitsweise erübrigt sich auch die Festlegung eines LOD (Level of Detail) für die grafische Repräsentation eines Bauteils. Ein einfach gezeichnetes Bauteil kann bereits alle Informationen für spätere Auswertungen (z.B. für die Leistungsbeschreibung) enthalten.
* MVD steht für Model View Definition
.mvdxml ist die Datei für den Datenaustausch im XML-Format
Mit dem «BIM Profil Server» ist vom Projektstart an kontinuierlich sichergestellt, dass im digitalen Bauwerksmodell in allen Phasen die richtigen Informationen zur Verfügung stehen. Die Validierung dieser Informationsanforderungen mit den effektiven Daten in einem digitalen Bauwerksmodell wird durch einen «Modell-Checker» gewährleistet. Er vergleicht die Daten der Informationsanforderungen aus dem «BIM-Profil-Server» mit einem IFC-Datenabzug aus dem CAD-System und hilft so, auch in grossen Bauwerksmodellen diejenigen Bauteile zu finden, die noch nicht korrekt mit Informationen bestückt wurden.
CRB generiert zurzeit aus der Transformation der aktuellen Kapitel des Normpositionen-Katalogs NPK die entsprechenden Attribute und Eigenschaften für die einzelnen Gewerke der Bereiche Hochbau, Tiefbau und Gebäudetechnik. Diese standardisierten Informationen aus dem NPK stehen den Anwendern ebenfalls im «BIM Profil Server» zur Verfügung. Für sie gelten dieselben hohen qualitativen Anforderungen, welche die aktuellen NPK-Kapitel zu erfüllen haben. An der Swissbau 2020 wurde im Innovation Lab prototypisch aufgezeigt, wie mit solchen Daten und Informationen automatisiert ein Roh-Leistungsverzeichnis aus einem BIM-Modell erstellt werden kann.
Weiter wäre auch die Aufnahme von Attributen und Eigenschaften aus anderen regulatorischen Vorgaben (BFU-, Suva- oder VKF-Richtlinien, SIA- oder VSS-Normen, Baugesetze usw.) in Bezug auf die Informationsanforderungen für Gebäude, Bereiche, Räume und Bauteile denkbar. Dies würde weitere sinnvolle Applikationen und Auswertungen aus digitalen Bauwerksmodellen ermöglichen.
Es ist geplant, mit dem «BIM-Profil-Server» ab Sommer/Herbst 2020 in den Testbetrieb zu gehen, um so erste Praxiserfahrungen zu sammeln und Verbesserungsvorschläge entgegenzunehmen. Der Start des produktiven Betriebs soll dann im ersten Quartal 2021 mit einem ersten Release erfolgen.
Ansprechperson bei Fragen zum «BIM Profil Server»: Daniel Hauenstein
Verbesserte Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten durch Transparenz der Informationen
Zielgerichtete und optimierte Projektabwicklung
Entwicklungspotenziale nutzen und schaffen
Verbessertes Informationsmanagement
Informationen, die der Planer in der Ausschreibung braucht, können bereits in einer frühen Planungsphase abgebildet und später wiederverwendet werden
Möglichkeit zu prüfen, ob die Informationen im Modell korrekt abgebildet werden und wo sie noch fehlen
Durchgängige digitale Sicht während des ganzen Lebenszyklus eines Bauwerks